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Nach Königs-Wusterhausen.

Pfingstsonnabend: Schwüle, Staub,Hauderer, Maien und Heiter-keit.
So ging es hinaus. Zunächstböhmisch Ricksdorf. Es ist All- tags | nicht halb ein Mittelding zwischen Arbeiter-Vorstadt und Tagelöhner-Dorf. Aber heut am Pfingst-heilig-Abend nahm es sich gutgenug aus, in den Thüren (nebenviel Elend) standen Kindermit städtisch-klugen Augen undlangem blondem Haar, das wie Mähnen auf die Schulterfiel, die Jungen bliesenauf Kalmus und ein Kindvon 3 Jahren, das eben auseinem Tümpelbade kommen mochte,lief nackend über die Straße undwirbelte den Staub auf.
Eine Meile weiter ist Wal-tersdorf, ein schönes Dorfmit einer prächtigen alten Kirche.Kiekebusch. Schöner Wald ausBirken und Lärchen. Dannöffnet sich der Wald, manblickt in eine fruchtbare Nie-derung (das Nottethal) und eben erst desThurms von
Wusterhausen
W.
ansichtig wer-dend, fährt man schon bergab in die Hügelstraße
Wusterhausen
W’s
hinein. Drei Postillone schmettern: das Preußenlied und den Dessauer,alle Kinder schreien Hurrah,alle Häuser stecken inBäumen, die Postillone schmetternund eh wir noch desWirrwarrs Herr gewordensind, hält der Wagen.Der Gasthof ist nebenbei.Mit Freuden sprech’ ich es aus, –es wird besser. Man findetmanirliche Leute, feste Bett-stellen, Matratzen, einBett das nicht den Alg stattder Federn in der Zieche hat,Wasserkaraffen und – Fortschritt (Bucher horche auf) Wasserad libitum und zwei Hand-tücher. Nur das towel-horse fehlt noch. Wird auchkommen. Wer kein Philisteroder Nörgler ist, dem mußes genügen.
Der Mond stand imzweiten Viertel am Himmel;die Luft still, weich, undabgekühlt. Das ist jetzt dieZeit, wo man Städte besichtigenmuß, alles Häßliche schwindet,alles malerisch Schöne wird doppeltschön. Ich ging einen breitenLindengang hinauf, an dessen rechter Seite, etwas zurückgelegen, dasSchloß gelegen ist. Wohn- undWirthschaftshäuser bilden einengroßen Vorhof, den Baum-parthien theilweis füllen;im Hintergrunde des Vorhofsliegt das Schloß.
Es ist ein sehr einfacherBau: zwei Giebelhäuser sind mit ihrer Längsseite zusammen-geklebt, so daß mannach vorn und hinten 2Giebelfronten sieht; vornlehnt sich ein Rundthurmmit einer Zwiebelkuppel anden Schlitz an, hinten ein gleich gültiges Gebäude. Park-bäume fassen dies Jagdhausvon 3 Seiten ein; Linden,Tannen, Lärchen   durch dieBaumgruppe schien der Mondund hinter dem Park fielein Wasser über ein Wehrund unterbrach die Stille – ichkonnte den Aufenthaltnicht so schrecklich finden undgedachte der Schilderung derPrinzessin von Baireuth.

Am andern Morgen begreiftman’s. Treppenthurm. DreiTreppen hoch, die letzte führtin’s Dach. Zwei Treppenhoch ist auch nichts, alsein Zimmer mit Thür undGitterfenster, durch das manin 4 Gruppen etwa 100Aktenstücke liegen sieht,weiß, grün, blau; ineinem Winkel ein Haufenzusammengerollter Karton, wahrscheinlich Spezial Kartonoder Tabellen.
Eine Treppe hoch sindnoch Spuren. In der Mitte eine Halle mit 6 Hirschgeweihen. Rechts einpaar Zimmer von deneneines das Schlafzimmmer desKönigs gewesen zu seinscheint – denn ein Wasch- becken befindet sich drin,es ist mehr einfestgemauertes Wasch-faß, genau wie dieAbgüsse in manchenKüchen; von Stein ge-mauert, dann eine Stein-Einfassung, Loch drin undStöpsel, sehr reinlich ge-wiß aber sehr einfach.
Schloss Königs Wusterhausen, ein sehr einfacher BauSchlossKoenigsWusterhauseneinsehreinfacherBauKönigs Wusterhausen, Königswusterhausen, WusterhausenKönigs Wusterhausen, Schloss; Näheres nicht ermittelt.
Königs Wusterhausen, Königswusterhausen, WusterhausenKoenigsWusterhausenKoenigswusterhausenWusterhausenKönigs Wusterhausen, Schloss; Näheres nicht ermittelt.
Links zwei Zimmer, die erbewohnt zu haben scheint,höchst lächerlich ausgeschmückt,das eine mit 4 Lyrasin den Deckenecken undein Kamin, mit einemKaminbild drüber, wojetzt meist Spiegel zusein pflegen. In Stuck, Bas-relief, mit einem Goldrand
Reliefdetail (Gemäldeausschnitt); wrk:Toilette_Venus_Reliefwrk:Toilette_Venus_Relief!!FEHLERHAFTERDATENSATZ!!FEHLERHAFTER DATENSATZRelief „Toilette der Venus“ im Schloss Königs Wusterhausen.
die Toilette der Venus,Tauben um sie her, einedie das Haar strählt, Amorbringt ihr einen Kranz, andrehalten ein Perlengeschmeide.Dies Zimmer hat ein nie- driges anderthalb Fußhohes Eichenpaneel undhängt durch eine schwereEichenthür (aber nichtFlügelthür) mit einemandern Zimmer zusammen,das ganz ebenso eingerichtetist, nur das Kamin-relief unverständlich.Doch. Es ist eineBüste der Tollen Venus,um die herum bacchantischeTänze ausgeführt werden;eine Schönheit kniet davor,entweder huldigend oder um Erhörung flehend, während eineBachantin tanzt, der einSatyr auf den Nackengesprungen ist und sich festan sie anklammert.
Rechts an einer Thür,so wie man in dieHirschgeweihhalle tritt: „Wachtstube der Artillerie“mit Kreide dran geschrieben;dies ist ganz im Charakter.Zwei Treppen hoch warengewiß die Schlafzimmerfür die Kinder; nebender Halle rechts ein großer 15 Schritt im Quadrat habender,hallenartiger Eßsaal, inder Mitte durch eine schofleHolzsäule gestützt; der Fuß-boden mit einer dicken Gips-decke, so daß er wie Steinist.(Dieser Saal durch eine kleine Treppeoder Stiege im Zusammenhang mit der Küche.)Was ich eine Treppe
hoch genannt habe, istnur Hochparterre, so daßer von links her indie beiden oben geschilderten Zimmer aus dem Parkher mit Hülfe einer ArtRampe
Schloss Königs Wusterhausen, ein sehr einfacher BauSchlossKoenigsWusterhauseneinsehreinfacherBauKönigs Wusterhausen, Königswusterhausen, WusterhausenRampe, Schloss Königs Wusterhausen.
hineingeschoben oder gerollt werdenkonnte, ganz wie in Cossen-blatt oder die
Potsdamer
Potsd:
Garni-son-Kirche
.
Der Thurm ist bis anszweite Stock des Hauseshinan sehr alt und rund;neu ist der Aufsatz derden beiden in gleicher Höhestehenden Hausgibeln ent-spricht, er ist 8 eckig undträgt ein halbzwiebelförmigesSchindel- oder Schieferdach. Neuist auch der Eingang in denThurm, ein kleiner tempelartigerVorbau, mit in Holz geschnitztensehr unglücklich aussehenden Amo-retten und einer mit großen Nägeln beschlagenen Ein-gangsthür von Fichtenholz.
Man sieht deutlich daßes früher eine alte Burgwar, es liegt noch aufeiner Terrain erhöhung und istvon einem breiten Grabender erst halb ausgefülltist, umgeben, in demjetzt prächtiger Wiese-wachs steht.
Der Park ist kümerlich; ein schöner Baum-gang von alten Linden,Kastanien und Buchen, ziehtsich an der Notte entlang, bildet zuletzt einen rechtenWinkel und faßt dadurch einStück Wiesenland ein, – diesist alles.
Wahrscheinlich war deralte Schloßbau von den-selben Dimensionen (dennalle Fundamente scheinenalt) und sah etwa so aus
Grundriss; Schloss Königs Wusterhausen, ein sehr einfacher BauSchlossKoenigsWusterhauseneinsehreinfacherBauKönigs Wusterhausen, Königswusterhausen, WusterhausenKönigs Wusterhausen, alter Schlossbau.
Nun kam der König, ließalles, riß nur die obereHälfte ab, setzte das Stück achteckige Thurm auf,theilte das Viereck, wenig-stens nach außen hin, d. h.für das Auge des Draußen-stehenden in zwei Hälftenindem er 2 Giebel-dächer drauf setzte, wahr-scheinlich hätte eins zu vielSpannung gehabt.
Gebäudeansicht; Schloss Königs Wusterhausen, ein sehr einfacher BauSchlossKoenigsWusterhauseneinsehreinfacherBauKönigs Wusterhausen, Königswusterhausen, WusterhausenSchloss in Königs Wusterhausen.
Unmittelbar am jenseitigen Notte-Ufer, ohngefähr 1000 Schrittvon der Wassermühle entfernt (rechts hin) steht ein ganz schlichtes Haus,mit 2 Thüren und 2 Fen-stern, nichts drin als ein Ka-min. Es heißt, hier habe er ge-raucht; das istaber doch sehrfraglich,vielleicht wares eine Schieß-hütte.

Mittenwalde.

Paulus GerhardusTheologus in Cribro Sata-nae tentatus et devotuspostea, obiit Lubbenaeanno 1676 aetate 70.Daneben Hexameter: Sculpta quidem PauliGerhardiviva est at imago,Cujus in ore fides, spes, amor atquefuit: Hic docuit nostris Assaphredivivus in orisEt cecinit laudes Christe benigne tuas: Spiritus aethereis veniet tibi dedibushospes.Haec ubi saepe canes, carmina sacraDeo.Gottl: Wernsdorff D.

Darunter: Maria ElisabethPauli Gerhardts damali-gen Probstes allhier zuMittenwalde und AnnaMaria Bertholdineerstgebohrenes herzliebesTöchterlein, so zur Welt kommen
den
d.
19. Mai
Anno 1656 und wieder abgeschieden
den
d.
14 Januar
Anno 1657 – hat allhierihr Ruhebettlein und diesesTäfflein zum Gedächtnißvon ihren lieben Eltern
Genesis
Genes.
47. V. 9
Wenig und böse ist dieZeit meines Lebens.

Ein grüner Kranz mitGoldstreifen und 4 Engels-köpfen in den Ecken.

Daneben eine Marmorta-fel mit Goldbuchstaben.
Meine Grabschrift.
Mein Land ist durch den Ton
gestorben,
Mein rechtes Leben hebt
nun an;
Der Herre der uns das
Heil erworben
Hat mir den Himmel
aufgethan.
„Wer an mich glaubt
wird nicht verderben“
So ruft mir Jesu Stimme
zu.
Darum legt den Leib uns
hin zur Ruh,
Mein beßres Wesen kann
nicht sterben.
Ich glaube was mein
Heiland spricht;
Glaubt ihr es auch und
zaget nicht.
Amen.
Karl August Friedrich
K. A. F.
Straube
,Diener des Wortsan dieser Kirche vom 8. Februar 1807 bis zum 21. August 1841.

Mittenwalde.

Wir reisten nach Mittenwalde?Niemand; und doch ist esein sehenswerther, weil einalter und historischer Ort. DasAeußre der Stadt bietetdie Straßen sind breit undluftig freilich nicht viel; es fehlenaber die Lindenbäume, die Hausbänke undFreitreppen, die so oft vielunbedeutenden Städten ein freundlich-malerisches Ansehn, das Ansehn einerMittenwalde hat nicht nur eine Geschichte, es hat auch eine sagenhafte Vorgeschichte,die den Reiz des Unbestimmtenhat. kleinen Residenz geben.n. Oft waren sie’sja auch.
Mitttenwalde’s Erinnerungengehen weit zurück. bis in die Wendenzeit. Nach Nordenhin, inmitten eines Wiesengrundes(früher Sumpfland) wird nochdie Stelle gezeigt, wo die halb sagenhafte „Wendenburg“ gestanden haben sollund am Südrande der Stadt erhebt sichein andrer Hügel, daraufnoch bis vor kurzer Zeit dieFundamente der alten BurgMittenwalde sichtbar waren.(Dies noch ausführen). Das jetzige Mittenwalde, wie es bis diesen Tag vor einer halbmorschen Mauer umgürtet ist, gehört der historischenZeit an und drei Sachen sah der X---x: Burg, Stadtmauer,Kirche.
Näher stehen uns dieReste (?) aus der Zeitdes spätren Mittelalters: die alte Stadtmauer, derThorthurm, die Kirche. Erstreist halb abgetragen und ziehtsich nur noch in Höhe einer Kirchhofsmauer um die Stadtherum; verhältnißmäßig wohl-erhalten aber sind dieThürme und . . . . (oder istdie Thurm-Parthie) am Berliner (?)Thor. Sie zeigt nicht nureine besondre Festigkeit, sondernist auch baulich insoweit intressant,
das sie nicht unwesentlich abweicht vonder Mehrzahl der Thorthürme, dieder Kur Mark, der Stadt zwischen Elbe und Oder erhalten gebliebensind (Jüterbok, Bernau, Tem-plin
et cetera
etc
). Wohl aber erinnertsie an die schönen, verwandten Bautender Altmark, so daß manmühelos die Muster wieder-erkennt, wie sie den verwandtenBauten in Stendal, Werben undTangermünde entnommen sind.Das Mittenwaldener Thor warersichtlich ein Doppelthor,eine Art Kastellbau ausder Mauer nach außen hinvorspringend, so daß alle die es passiren wolltenein gothisches Außenportal und dannerst das eigentliche Thor,d. h. die Maueröffnung, dendirekten Eingang in die Stadtpassiren mußten. Das Au-ßenthor existirt noch undseine stehengebliebene Facade (vielmehr ist es nicht) erinnertTheils an die schönen StendalerThorthürme, theils in seinemdurchbrochnen Giebel-charakteran die schöne Giebelfront desTangermündener Rathhauses.
Aus derselben Zeit sinddie beiden KirchenMittenwaldes: die Spitalkircheund die Probsteikirche, jenevor der Stadt, diese amNordwestrande der Stadt gelegen.Die Spittelkirche, mit einem sehrähnlichen Giebelschmuck wie derThorthurm, ist äußerlich vortrefflicherhalten und ein beinah intakt erhaltenesBeispiel für den Baustil jener Epoche.Dem Gottesdienst (?) dienen sie nichtlänger, seitdem sie 1806 zueinem Heumagazin für dieFranzosen wurde. Die Stadtkirchegenügt außerdem dem Bedürfniß.
Die Probsteikirche warursprünglich aus derselbenZeit, vielleicht noch älter;das spätre Mittelalter aberund schließlich die Renaissance desvorigen Jahrhunderts haben ihrviel von ihrem alten Charak-ter genommen. Die Schiffeder alten Kirche waren muth-maßlich höher; man erkanntesehr deutlich wie die altenPfeilerbündel
Mittenwald
in bestimmterHöhe abgebrochen und dieneuen Kreuzgewölbe
Mittenwalde
auf-gesetzt wurden. Der Bau-meister hat es mit einer fabelhaften Ungenirtheit gethan, dennman sieht den Zackenbruch deralten Pfeiler als wäre einZacken entzweigebrochen. Einerverhältnißmäßig modernen Zeit (1781) gehörtder Thurmbau an, aber alsob es Sitte hier gewesenwäre nichts verheimlichen zu wollen, hat der Baumeister des vorigen Jahrhunderts dieFundamente des alten sehr breiten Feldstein Thurmesin Mannshöhe stehen lassenund auf diesem breiten Unter-grunde einen verhaltnißmäßigschmalenThurm aufgeführt, sodaß der Thurm von 1781 aufdem alten Fundament von 1351 wie eine Statue aufeinem Postamente steht. Da Tagrosen und Holunder drauf wachsen, so ist es sehr x---sch Die Kirche ist reichan Bildern und Grabsteinen.An der Wendung des hohenChors, im Rücken desAltars, ziehen sich Chorstühle ent-lang 45 an der Zahl und jedeneinzelnen Chorstuhl ein Gilden- oderZunftwappen in das Holz derRückenlehne geschnitzt: Schmiede,Feilenhauer, Schlächter, Schneider,Zimmerleute, Würstelmacher(wahrscheinlich Drechsler) etc. Von den Grabsteinen bietet keiner ein historischesInteresse; unter den vielenBildern aber behaupten dieAltarbilder einen gewissenRang. Der Altar (ein Holschnitzwerkaus der Zeit Joachims I x)ist einer von den Klappaltaren,dessen Thüren in der Passions - zeit geschlossenwurden. Es traten dann (undtreten noch) vier Bilder nachvorn: Maria, Elisabeth,die Verkündigung, die Empfängniß.Diese Bilder scheinen allerdingsaus der Holbeinzeit, d. h. etwas
Herr v. Quast schließt es ausdem angebrachtetn schwedischen unddänischen Wappen. Es sind früher, denn 1537 oder so herum wurde die Markbereits protestantisch. Unterdem Altarschnitzwerk, unmittelbar
wrk:Altar_Propsteikirche_Mittenwaldewrk:Altar_Propsteikirche_Mittenwalde!!FEHLERHAFTERDATENSATZ!!FEHLERHAFTER DATENSATZAltar der Kirche Mittenwalde.
über dem Altartisch, zwischendiesem und dem Schnitzwerkbefindet sich ein sehr guterChristuskopf mit der Dornen-krone, dem ähnlich in derPredikower Kirche, aber
nämlich 3 Wappen der
Wappen; Näheres nicht ermittelt.
weiß undschwarze FelderBrandenburgblauer Grundmit 3 goldenenKronen drin. viel größer und vielbesser. Zwei schwebende Engelgestaltenhalten das Schweißtuchund auf dem Schweißtuch dasBild; – viel weniger schön alsbei Correggio, aber eigent-lich markiger, vielleicht nurdrastischer, so daß es sichfragt, ob nicht noch einandres berühmtes Bild derArt (nach der Veronica Legende)existirt.
Diese Dinge sind inte-ressant (?) genug, aber wasbesagen sie gegen das Intresse,das uns im Kirchenschiffzur Rechten und eben halb sichtbar werdend, einmodernes Oelbild einflößt,nicht durch seinen Werth,wohl aber durch den Namendes Mannes, den es dar-stellt. Es ist ein lebens-großes Oelbild Paul Ger-hardts.
Paul Gerhardt war Propstzu Mittenwalde von 1651 bis 1658. Es war seinerstes geistliches Amt. Wirkommen darauf zurück.
Das Bild ist eineKopie nach dem Bildedas sich in der LübbenerKirche befindet und trägteine doppelte Inschrift. ZurLinken: Zur Rechten folgende Hexamter.Danach eine Uebersetzung geben.Wann das Lübbener Bildgemalt wurde, vermagich nicht zu sagen. DieseCopie ist etwa seit 30Jahren eine Zierde der Mitten-walder Kirche. Wie ichhörte, wird für die Nicolai-Kirche in Berlin (die bishersein Bild merkwürdigerweisenicht hatte) ebenfalls eine Kopie nach demLübbener Bilde gefertigtwerden.
Paul Gerhardt warProbst in Mittenwalde,von dieser selben Kanzelher er gepredigt, vor diesemselben Altar hat er gestanden,dieselben Grabsteinevor sich,die noch jetzt dortliegen. Dies alleinwürde genügen Mitten-walde zu einem Wallfahrtsort zu machen. Undwas alles bis demLeben des herrlichen Mannes, wieviel Schweres und wie vielSchönes knüpft sich nichtgerade an diesen Ort.
Bis 1651 war
Paul Gerhardt
P. G.
inBerlin. Er war bereits 45Jahr und kein Amt hatte sichgefunden, nach dem es seineSeele so sehr verlangte. Erlebte im Hause Bertholds etc.arm, fromm, geliebt.Da starb der MittenwalderProbst und Anfrage gingnach Berlin.
Nun dies schildern.Seine Freude, seine Noth,seine Bedeutung, seine Lieder. Bei Gelegenheit von „BefiehlDu Deine Wege“ in einerAnmerkung die reizendeBuchholtz-Geschichte erzählen.
1656 (?) verließ erMittenwalde. Er ging nachBerlin zu höherem Wirken.Der Verlauf seiner Lebens-geschichte gehört nicht hierher,hier tritt nurdie Frage an uns heran,ist nichts mehr da, wasan sein Leben dort sicht-barlich erinnerte, steht nichtsmehr an dem Hause daser bewohnte, blühts in dem Garten nicht mehr, drinihm und andern so viel erblühte.Es ist alles fort. Wo dieProbstei stand, ist eben einSchulhaus errichtet und derGarten wo das Lied gedichtetwurde, liegt öd und brachzwischen zwei Nachbargarten, –es soll ein Turnplatz fürdie Schuljugend drauf errichtetwerden. Vor 30 Jahrenstand die alte Probsteinoch, die Keller warennoch wohlerhalten, nurdas Haus selber einehalbe Ruine; seitdem ist alles verschwunden bisauf den letzten Stein. Nurdie Kirche bewahrt nocheinen Gedächtnißstein ausder Gerhardtschen Zeit, einGedächtniß an die Prüfungen,die ihm in den erstenJahren seines Amtes auferlegtwurden. Ebenfalls imRechtsschiff der Kirche, unter dem Portrait des Lieder-dichters ist ein Steinin die Mauer eingelassen,der folgende Inschrift trägt: Ein grüner . . . Kranzfaßt die Inschrift ein undEngelsköpfchen schmücken dieEcken des Steins.
Aber die Erinnerungen Mitten-waldes schließen mitPaul Gerhardt nicht ab. 1799 erhielt der Oberst v. Yorkdamals in Johannisburg garni-sonirend, folgenden Brief:
Die Folge dieses Briefeswar die Uebernahme desKommandos. Mit diesen Mittenwalder- Tagen deckte er denRückzug bei . . . . unddie Gedächtnißtafel an der Kirche zeigt deutlich,daß York und die Jägerin Mittenwalde standen.Während von andernOrten der langen Reihevon: MusketierMs---t.,ȃ   FüsilirFslir und LandwehrenLandwehrmann begeg-nete, tragen dieNamen der MittenwalderGedächtnißtafel alle ein
Jäger
J.
ein
Garde Jäger
G. J.
oder ein
Freiwilliger Jäger
F. J.
(Jäger, Garde-jäger, Feldjäger
).York war 7 Jahrelang in Mittenwalde. Das Haus steht noch, das erbewohnte, es ist einGasthaus geworden und führtwie billig den NamenHôtel York. Ueber derThür ist eine Nische an-gebracht und wo sonstder „Mohr“ oder der „Engel“zu stehen pflegte, stehthier General York. ImHause selbst erinnertnoch manches an ihn.- -.- - -- - - - - - -In seinem Zimmer hängtein Jeremias (das Muhrsche) überm Sopha und eineKamphinlampe an derDecke. Beides ein Produktandrer Tage.
Wer reist nachMittenwalde? Niemand;und doch ist Mittenwaldeeine sehenswerthe Stadt,ein historischer Ort. Ichwar in dem Hause, indem Shakespeare das Licht erblickte, in dem Hauserichtiger von dem die Sagegeht, daß er darin geborenwurde. Selbst die Unsicherheithat Niemanden abgehalten die Pilgerfahrt zu machen.Tausende von Namen sindin die niedern Wändeder Shakespeare-Stube einge-schnitten, selbst die Deckeist mit Inschriften bedeckt.Wer reist nach Mitten-walde? Und doch um wie vielesgrößer auch der Genius dessen war,der in den Garten vonStratfort auf und abschritt als der Genius dessen,der im Probstei-Garten zu Mitten-walde seine Lieder sang, wasist alle Höhe und Tiefe inHamlet und Lady Macbeth gegen das Tröstelieddas viele Millionengetröstet, gehoben, gerettethat, gegen das Tröstelieddes Mittenwalder Probstei-gartens: „Befiehl Du Deine Wege
et cetera
etc

  • 2) Lindenbäume Die Stadt hat Linden-bäume in den Straßenaber so jung, daß siegar keinen Eindruck machenund die Straße kahl er-scheint.
  • 3) Auf dem Steinunter-bau des Thurmes stehenHagerosen und Hollunderbüsche,letztre blühten; sehr schön.Auf dem Kirchhof vielweise Rosen.
  • 4) Es war Pfingstenund die Stadtmusicibliesen einen Choral vom Thurm11 Uhr nach der Kirche.
  • 5) York besaß dasganze Haus. Die Frauhat ihn noch gekannt,war 6 Jahr alt. Erwar nicht geliebt, seineFrau sehr. Das Zimmerdas noch erhalten – Staats-gastzimmer; vielleicht dasselbewo die Scene mit denFeuerkugeln stattfand. (?)
  • 6) Die Spitalkirche
    Gebäudeaufriss; Spitalkirche MittenwaldeSpitalkircheMittenwaldeMittenwalde, die Stadt, der alte und historische OrtSpitalkirche in Mittenwalde.
    a) Rundbögen durch einen Stab in 2 Hälften ge-theilt.
  • 7) Der Thorthurm hat anseiner Außenfacade die
    Gebäudeaufriss; Tor Mittenwalde, Berliner ThorTorMittenwaldeBerlinerThorMittenwalde, die Stadt, der alte und historische OrtBerliner Tor in Mittenwalde. ab
    a. b. kleine Rundthüren,in Front (d. h. in derFacade) fast en ligne, abernach hinten hinein die Rundung
  • 8) Kopie nach Kroepsch
    Gebäudeaufriss; Tor Mittenwalde, Berliner ThorTorMittenwaldeBerlinerThorMittenwalde, die Stadt, der alte und historische OrtBerliner Tor in Mittenwalde.

Der Hausgrabenbergscheint immer ein bloßermächtiger Erdberg gewe-sen zu sein; man findetkeinen Stein in ihm, über-haupt nichts drin; alsAuskiek sehr reizendund eine kapitale Sommer-wohnung.
Der Penningsberg.Er ist sehr abgekarrtund abgepflügt; man fandfrüher viel Münzendort, auch Urnen, sodaß man glaubt, es war eine heidnisch wendischeBegräbnißstätte.
Der Burgwall. Hiersoll die alte Burg (wen-disch oder Deutsch) gestan-den haben; man findetnoch mächtige Balkenund Bohlen (die vielfachbenutzt worden sind) undüber diesen Balken, dreiFuß hoch, aufgeschütteteFeldsteine. Dies istganz ersichtlich ein Dammdurch den Sumpf gewesen,der vom Sand- oderWeinberg aus, überhaupt vom Sandterrain aus,durch den Sumpf hindurch,zur Burg führte. Ichglaube daß diese Burgdeutsch war und derHausgrabenberg wendisch.Doch steckt das Ganzeim tiefsten Dunkel.

Teupitz.

Um Mitternacht in Zossen;um 4 in Teupitz.
Diese Fahrt ist einzig.So lang es noch Nacht ist,fährt man auf der Chaussee,so wie man abbiegt indie eigentliche Teupitzer Gegendhinein, beginnt schon dieDämmerung  das Grau wirdweiß, das weiß chamois-farben, dann rosig, dannfeuergelb  bei der Einfahrtin Teupitz selbst steigt derrothe Ball der Sonne hinterdem alten Kirchenthurm hervor.
Ich sagte in die„Teupitzer Gegend.“ MitRecht. Die TeupitzerGegend ist etwas besondres,eine märkische Landschaft,aber eine Spezialität, wiesie nur hier sich findet.
Es ist Haideland, ammeisten verwandt jenenAusläufern der Tegeler-Heidewie sie am Plötzensee
et cetera
etc
sich finden.Das Material aus demsich das Bild zusammensetzt, istdas alte, wohlbekannte: Sand und See, Kiefer undKussel aber die Vertheilung ist eigenthümlich. DieKiefer, groß und klein, trittbeinah nirgends in geschlossenenMassen auf, wir begegnenihr nicht en colonneoder en quarré, Sie bildet Schützenlinie, aufgelöstesGefecht. Da steht einer, dastehen zwei und drei, dahaben sich mehrere zu einemKnäuel zusammengestellt, abernirgends geht der einzelne inder Masse unter, jedes Lebenmacht sich bemerklich, undohne daß die Bäume durch Schönheitbesonders auffiele*n, fesseln sie * | doch das Auge, weilsie einzeln stehn. Dabeiwelche Terrainbenutzung. Hierstehen drei alte auf derKuppe des Hügels und haltenUmschau, am Abhang lagert eine Feldwacht jungenVolks eine Verbindungskettezieht sich am See entlangund reicht einer andernTriumph die Hand x---x Höhen-zuge gegenüber.
Es ist immer heller gewor-den, dies grau wurdeweiß, das weiß ein lichtesisabell, das isabell ein rosen-roth, das rosenroth ein Feuer-liliengelb nun losen Fruchtfelderdie Heide ab, da liegt derdann und wann ein Sumpf, ein kleinerSee, ein Kornfeld wie einebescheidene Anfrage an die Teupitz-See im Morgenscheinund der Sonnenball steigteben hinter der Kirche auf,als wir in Teupitz ein-fahren.
Der Wagen hält vor der Post,schräg über ist der Gasthofzum Stern, zwischen beiden mitten auf dem Platz, eine kostbare alte Eiche. Noch eine Stunde Schlaf,dann weckt uns dasPinken des Nagelschneidersnebenan und Teupitz hatuns. Dann ganz kurz die Fahrt überden See. Es ist nichts besondres, zwecklosaus dem Schilfheraus, zwecklosin das Schilfhinein, anlegendan die Rohrinselan dieKornfeldinsel, aberes ist schön vielleichtweil es so zweck-los ist. Natur. Dann Umblick wieder auf dem Marktplatz undkleine Abhandlung über Teupitz.Teupitz ist viel besserals sein Ruf. Es ist wieLeute, die in ihrer Jugendarm waren und sehr stillund häuslich lebten. Rundumheißt es noch immer: „diearmen Leute“, aber kommtman zu ihnen, so bemerktman daß sie durch Sparsam-keit und Umsicht und vielleichtdurch gutes Glück auf, etwasaus sich gemacht haben.
Friedrich
Fr.
Wilhelm
W.
IV
pflegte zu sagen „meinetreusten Unterthanen wohnenin Teupitz; wären sie nicht sotreu, so wären sie längst aus-gemodert bis auf den letztenMann.“ Das mag nicht sogewesen sein, die Loyalität des
jetzt lebenden Geschlechtes aberist nicht so hoch zu veran-schlagen – sie haben zu leben.Es hat dies sich Hinein-wachsen armer Landesstrichein eine verhältnißmäßige Wohl-habenheit etwas höchst wohl-thuendes und man kriegt dabeivor zweierlei Respekt: vorder praktischer Wissen-schaft, die mehr und mehr in’s Volk ein-dringt und es einmal nach-gerüttelt von Stufe zu Stufetreibt, dann vor dem stillenWinken unsrer Regierung.
Früher war Teupitz eineFischerstadt, oder die Fische waren so zu sagen das einzigewodurch es mit der Weltdraußen zusammenhing, jetzteinmal wachgerüttelt und draufaufmerksam gemacht, daß dieNatur überall ihre Schätzebirgt und sie demgiebt, der sucht, jetzt findensie sich auch. An den restlichen Hügel-abhängen, die die Sonnen-seite haben, werden Wein undObstarten gezogen, in denmoorigen Niederungen prosperirenTorfgräbereien und überallam See hin, namentlich nachMotzen zu sind Ziegeleienentstanden, denn 10 oder 20Fuß tief unterm Sande liegendie kostbarsten Thonlager undbieten ihr Material. Eskann nicht soviel geschafftwerden, als die rastlos bauendeHauptstadt consumirt, einHerr mit dem ich fuhr, hatschon weit über eine MillionSteine geliefert und allesgeht auf dem Wasserwegeerst durch die Seen, danndurch die Notte und Dahmean Wusterhausen
und
u
Coepenickvorbei, bis nach Berlin.
Eine Haupterwerbsquellebleibet freilich nach wievor die Fischerei, die Stadtführt nicht vergeblich einenKarpfen im Wappen. Die Fischerei ist jahraus, jahreind. h. das ganze Jahr hindurchbedeutend (der Fisch-Großhändlerzahlt 800
Reichstaler
Pacht, währendz. B. die Rheinsberger Seen 4
Reichstaler
Pacht eintragen) aber freilichdie Haupt-Einnahmequellebildet seiner eine Winter-fischzug, der gewöhnlich imJanuar vorgenommen zu werdenpflegt und den poëtischen,an hohe Thaten der Kunst an-klingenden Namen führ: derZander-Zug. Vor seinemAusfall hängt das Wohlbefindender Fischer ab, es kommt vordaß sie für 12 bis 1500 Thaler ziehn, zu andernMalen gehen sie fast leeraus. Die Durchschnitts-Einnahmedieses einen Zuges ist 600
Reichstaler
.Der Zug selbst hat ganz denCharakter einer Jagd, schwankt auch so in seinen Resultaten.Die Netze werden untermEise gezogen mittelst einerManipulation, die mir nichtklar geworden ist, nur sovielist gewiß, daß das Ganzeden Charakter einer Treibjagdhat und daß die Fische (Zan-der) an bestimmten Stellenin einen Kessel gleichsam zusammengefegt, um wieGoldfische aus einemGlasbassin mittelst einerNetzkelle leicht herausgeschöpftwerden. Alle die Fischegehen dann auf einemWassernetz von See, Canal undFluß bis Berlin.
Aber der Fischtag sobedeutend er ist, bereicherteigentlich nur den Fisch-Groß-händler der in Berlin wohntund erwähnt die wenigen Teupitzer Unter-fischer, die ihm dienen, – dieserErwerb wäre ein aus-reichend gewesen die Lageder Stadt zu verbessern. Wasdie Lage wirklich verbessert hat, das ist das endliche sich frei-machen, sich los-lösen aus demSchlendrian und die Bemühungender Regierung, durch Canalisirung undEröffnung von Verkehrsstraßenden erwachten Handelsgeist,den Strebeeifer zu unter-stützen. Nun aufzählen: denWeinbau, Gemüsebau, Obstbau, dieTorfgräbereien, die Ziegeleien(der schöne Thon unterm Sand) PfeilsWort scheint wahr zu werden; vonSand und Sumpf.
Der Teupitz-See ist groß,zwei Landzungen, Schwerin undSchloß-Teupitz. Die verschüttete Gruft unterder jetzigen Sakristei, dieMetalltäfelchen mit denInschriften: Namen: Schenk v. Lands-berg, Datum und Jahreszahl. Allesverloren gegangen beim Umbaudes Predigerhauses. Die Särgewaren halb zerfallen. DieGlasscheibe, Die kleinen Fen-ster; das Durchblicken-können durch die ganze Kirchebis auf die Kirchhofsmauer unddie alten Bäume.
Noch eine Sehenswürdigkeithat Teupitz seinen Jeesen-berg, seine hohe Zinne,von wo aus die altenSchenken das schöne, male-rische, berg- und wasserreicheSchenkenländchen (?) über-schauen könnten. Was dieserBerg uns bietet sind nichtErinnerungen, nur Bilder,dennoch gehen wirihm zu. Nun die Beschrei-bungen.
Am Süd-Ende hörtdie Herrlichkeit auf, amNordende sehen wir denThurm von . . . Vondort her kommen die BerlinerSegler, auch das Dampf-schiff war zweimal hier.
Es muß reizend sein,an Coepenik und den Müggelbergenvorbei, dann an Wusterhausen
et cetera
etc
vorbei, diese Tour zu Wassermachen können. Auch Dampf-schiffe wagen es undwaren im Sommer 61zweimal hier. Dasist eine em-pfehlenswerthe Parthie.Schlußfinden.
Zwischen Frankfurt und Stettinist während der Sommermonateein ziemlich reger Dampfschiff-Ver-kehr. Schlepp-schiffe und Passagier-bootegehen auf und ab und die Rauch-säulen der Schloote ziehn ihrenSchattenstrich über die Seegelder Oderkähne hin, die oft inganzen Geschwadern malerischer als man es Oder-kähnen zutra-|. diese Fahrt machen.
Von besondrer Wichtigkeitsind die Schleppdampfer. Handeltes sich darum eine werthvolleLadung in kürzester Frist stromauf oder ab zu schaffen, so wird ein Schleppschiff alsVorspann genommen und in24 Stunden ist erreicht wassonst vielleicht 14 Tage gedauert hätte.Ihre eigentlichen Triumphe aberfeiern die Schleppschiffe, wennsie – wie vor ohngefähr – plötzlich inmitten b einerkritischgewordenen Lage erscheinen unddurch ihre bloße Erscheinung dieHerzen der geängstigten Schifferwieder mit Hoffnung erfüllen.Sie sind dann was der Führerfür den Verirrten, was derZuzug für die Geschlagenen istund beherrschen natürlich die Situation.Diese Situation ist fast immer dieselbe: entwederhat der Rettung-erwartende Kahn sich fest gefahren und müht umsonst sichab wieder flott zu werden, oder noch, ist aber in ein mit Flößen verfahrenes Defilée gerathen, so daß jeden Augenblick einZusammenstoß zu gewärtigen steht.. Imersteren Fall handelt es sich erum Kraft, im andren Falleum Geschick und Schnellig-keit, um das Kritischeder Situation zu überwindenund der Schleppdampfer ist inder glücklichen Lage beides,je nach Bedürfniß, bieten zukönnen. Aber freilich – gegen Zahlung. Nun beginnen die tragikomisch-sten Unterhaltungendie man sich denken kann, vom Kajüten-dach des Oderkahns einerseits und vomRadkasten des Dampfers andrerseits aus. Der geängstigteSchiffer hebt seine Hand in dieHöh, alle fünf Finger deutungsreich aus-spreizend. Der Mann aufdem Radkasten schlägt eineverächtliche Lache auf, und donnert seinenBefehl zu größerer Eil inden Maschinenraum hinein, bisdas bittende „Halloh“ des Schiffers, ihnwieder zu einem stopbestimmt. Der Schiffer hebt jetzt seine Hand mit den gespreiztenFingern zweimal in die Luft.Dasselbe Lachen als Antwort.So geht es weiter, bis derKahnführer, der namentlich, wenner zwischen Holzflößen steckt seinenRuin vor Augen sieht, dieSumme bewilligt, die der Capitaindes Dampfers zu fordern fürgut befindet. Diese Forderungen wechseln, da Der mit scharfemAuge nach dem Grund derGefahr die Taxe bestimmt. Eskommt vor daß der geängstigteSchiffer seine fünf Finger zehn-mal erheben, d. h. alle seine efiléeBefreiung mit 50
Reichstaler
preußisch bezahlen muß.
Die Schleppdampfer, wie hieraus genugsamerhellten wird, spielen also auf der Oder-strecke die sie befahren die Doppelrolle – desRetters und des Tyrannenund im Einklang mit dieser Doppel-rolle ist auch die Doppel-Em-pfindung mit der sie seitens der ange- Schiffer betrachtet sehen werden: man liebtAlles je nachdemsie und haßt sie. Die amdie Gefahr im Anzuge oder glücklich überwunden ist.zwischen Horizont heraufdämmernde schwarze Dampfsäule wird Hoffnungsbanner begrüßt, imim einen Fallals Licht, andren Fall als ab-ziehende als Piratenflagge verwünscht Dazwischen liegt die Rettung. Nichts ist kürzer als Dank. Die Capitaine wissen das, aber als prak- keine kennen | Empfindelei und haltentische Männer, die sich schadlos. Sie haben zudem diestille ruhige Ueberlegenheit Superiorität der herrschendenKaste. wie wir gesehnhaben,
Die Schiffer blicken, mitgetheilter Empfindung auf denSchleppdampfer; – nicht so dieFloß-FührerDiese geben sichungeschwächt einger einzigen Empfindung, ihrem polnischen (wenn sie vor der Warthe kommen) böhmisch-oberschlesischenHasse hin. Sie können es wagen,das Floß, das an manchen Stellendie halbe Breite der Oder decktkann wohl den Schleppschiffen,aber das Schleppschiff kann nie und nimmer dem Floße (wenigstens nicht ernstlich) gefährlichwerden.. Es liegt also keinGrund vor, weshalb sie mit ihrer Abneigung hinter dem Berge halten n sollten. Zu dieseAbneigung liegen nun allerdings auch die triftigsten Gründe vor. DieSchleppdampfer nämlich, da sie, wie eben angedeutet den Flößen in Wahrheit weder nützen nochschaden können, genügen sich damit lbdie reizbare slavische Natur zu nergeln und zu aergern. WieReiter die lustig durch einen - tümpel zogen und alleswas in der Nähe ist, nach rechts und links hin, mit Wasser und bespritzen, sojagen hier die Dampfer an dem schwerfälligzur Seite liegenden Floß vorüber und unterhalten sich damit das in Floß unter Wasser zu setzen. Es das Verfahren ist einfach. ist dies ein etwa grausamerSpaß (wo es überhaupt ein Spaßist) sonst muß man zugeben,daß es ebenso komisch wie ma-lerisch ist. Die zur Seite ge-drückte Welle eilt immerhöher werdend auf dasFloß zu, jetzt trifft sieden ersten Balken und spritzt hoch auf. Aber nicht genug damit; die untre Hälfteder Welle setzt sich unterdem Floß hin fort undüberall, wo eine Lücke sichbietet, nach oben treibend,setzt sie an sechs, achtStellen zugleich das Floßunter Wasser. Nun sollteman glauben, die Flößermüßten gleichgültig sein, gegenein solches Fußbad aber, als wär es Feuer,sieht man nun die Besetzungdes Floßes, auf denBäumen und Querbalken hinund her springen, als gält’ eshäuslichen Einrichung desselben bilden. Bei dieser häuslichen oderwirthschaftlichen Einrichtung des Flosses hab’ ich noch einen Augenblickzu verweilen. vor ihren bittersten Feindzu fliehn. Diese wunderlich Rössel sprünge nehmen sich zumaber zugleich x---x sehr malerisch aus. die Felder auf die die Geäng-stigten springen, sind weitdie mit vielem Geschickwissen sie immer eine Stelle zu treffen, woein Querbalkon, ein Holzblockoder am liebsten einer jener Erd- und Rasenhügel sich vorfindet, daraneigenthümlichen ellensich findet, die sich hügel über hindes Floß usbreiten. Diese Erd bilden die oder Floßesx---x viele (oft ein Dutzend) sich überdas Floß hin ausbreiten und einen wesentlichen Theil der Hälfte der gesammtenwirthschaftlichen Einrichtung einesFloßes. (Absatz) Die Gesammt-Oekonomie eines solchen Flosses besteht aus zwei gleich-wichtigen Theilen, aus einemKochplatz und einem Trocken- Aufbewahrungsplatz platz. oder aus Küche und Kammer. Beide sind gleich wichtig und von gleich einfacher Construktion.Der Kochplatz, der Herdbesteht aus eben jenen Erdhügeln d. h. aus ein paar DutzendRasenstücken, die Morgensam Ufer frisch abgestochen undwie Mauersteine neben undauf einander gelegt werden.An jedem Morgen entsteht ein neuerHerd; der alten Herd-wieder auf. oder nimmt sie auch wohl, nacheinigen Tagen; als Herdstellestellen aber gönnt man ihren alten Platz,und benutzt sie entweder als Inseln, wenn die Wellen komme. Auf diesem improvisirtenHerd wird nun gekocht, was sich natürlich genug ausnimmt, besonders um die Abrandstaude, wenn diese Feuer wie x---x auf dem Wasser zu tanzen scheinen.. Ebenso wichtig wie der Koch-platz ist der Auf-bewahrungsplatz. Seine Construktionist von noch größerer Einfachheit undbesteht aus einem halbausgebreiteten Bündel Heu.Auf dieser Heuschicht liegendie Röcke, Jacken, Stiefelder Floß-leute und ausgerüstetmit diesen primitivsten Formen einer Küche und Kammer,machen die Flößer ihre oftwochenlange Reise.
Nach dieser Beschreibung wirdes jedem klar sein, waseine solche Dampfschiffswelle, die zunächst die die Flanke fassende dann oder aus jede Lücke des Flosseshervorbrodelt, x---x für dieFloßleute zu bedeuten hat. Einesolche Welle spült nicht blosüber die Füße der Betroffenenhin, sondern sprudelt sie wirklich an ihrem Hab und Gut, als handle es sich um eine Ueber-schwemmung im Kleinen. Hier fährt das Wasser zischend in dieFlammen und löscht es; dort hebt es das Heubündel x---x über, mit sammtseinen Garderobenstückenvon unten her in die Höh und tränkt es, entweder mit Wasser oder schwemmt es gar hinweg.Das weckt dann freilichStimmungen, die derVorstellung des Menschengeschlechts von mir x---x „Fraternität“ x---x Hohn sprechen und zu Unter-haltungen führen von denen esdas beste ist, das sieim Wind verklingen.
Soviel von den Schlepp-schiffern. Der Dampfer aber, deruns heute von Frankfurt bis Schwedttragen soll, ist natürlich ein Passagier-schiff, deren mehrere den Personen- verkehr auf Von geringererBedeutung sind die Passagierboote,die übrigens, wie sich von selbstversteht, gelegentlich die Rolletauschen und auch ihrerseitsals „Retter“ und „Tyrannen“ (ganzin der oben geschilderten Weise)debütiren.
Die Passagierboote gehen vonFrankfurt aus 2 mal wöchentlich (Mittwoch und Sonnabend) und machen die Fahrt nachKüstrin in 2, nach Schwedt in8 nach Stettin in 10 Stunden.Die Benutzung erfolgt mehr stations-weise, und auf kleineren Strecken, als für die ganzeTour. Der Grund mag darin liegen,daß die Eisenbahn (trotzdes Umwegs über Berlin) dieReisenden zwischen Frankfurt und Stettin, doch eher und sicherer ans Zielführt. Eher unter allen Umständen; Sicherer in soweit, alses bei niedrigen Wasserstandevorkommt, daß die Fahrt aufStunden unterbrochen oder wohlganz eingestellt werden muß.Die Regulirung des Oderbetts, einin den Zeitungen stehend gewordenerArtikel, würde einzig und allein diesem Uebel-stande abhelfen und, eineConcurrenz der DampfschiffenEisenbahn möglich machen können
Damit hat es abernoch gute Wege (einige mei-nen, es ginge überhaupt nicht)und so werden sich die beidenPassagierboote, die jetzt dasBedürfniß decken, noch längereZeit mit dem ublikumbehelften müssen, das jetzt zuihnen hält. Dies Publikum,wenn auch nicht zahlreich, istimmerhin mannigfach genug: Tage-löhner die auf die Güter,Handwerker die zu Markteziehn, dazu Kaufleute und Gutsbesitzer, auch gelegent-lich Bade-reisende, besonders solche diein den schlesischen Bädern waren. Nureine Klasse selbst, der mansonst wohl auf den Fluß-dampfern unsrer Heimath, besonders im Westen und Süden, zubegegnen pflegt: der Touristvon Fach, der eigentliche Rei-sende, der keinen andernZweck verfolgt als Land undLeute kennen zu lernen.
Dieser „Eigentliche“ fehlt noch;aber er wird nicht immer fehlendenn ohne das unfruchtbare undmißliche Gebiet der Vergleichebetreten zu wollen, sei doch dasEine hier versichert, daß an den fruchtbaren Ufern der Oder hin, allerhand alte Städteund reiche Dörfer liegen unddaß, wenn Sage und Legende auch schweigen,die Geschichte um so lauter und ver- nehmbarer spricht.
Sehen wir selbst.Es ist Sonnabend und 5 Uhr Mor-gens. An dem Breiten Quai deralten Stadt Frankfurt, hohe Häuser und Kirchen zur Seite (das Ganze ausnehmend an dieCölner Quai zwischen der Schiffbrücke und derEisenbahn-Brücke erinnernd)liegt der Dampfer und hustetund prustet. Es ist höchste Zeit.Kaum daß wir an Bord, so wird auch das Brett schon ein gezogenund der Dampfer ohne vielCommando und Schiffs-Halloh löstsich leicht vom Ufer und schaufelt stromabwärts. Zur Linkenverschwindet die Stadt imMorgennebel; nach rechts hin,zwischen Pappeln und Weiden hindurch, blicken wir in jenesHügelterrain hinein, dessen Namehistorischen Klang hat trotzeinem, – Kunersdorf. . Wir werdennoch oft, während unsrer Fahrt,an dieses Terrain und diesenNamen erinnert werden.
Der Morgen ist frisch; derWind, ein leiser aber scharferNordost, kommt uns entgegen undwir suchen den Platz am Schorn-stein auf, der Wärme gewährt und zugleich Deckung gegen denWind. Es ist nicht leicht mehr einenguten Platz ausfindig zu machen,denn bereits vor uns hat ein Gips-figurenhändler, mit seinem Brettvoll Puppen, an eben dieser StellePlatz genommen. Er ist aberumgänglich, rückt sein Brett beiSeite und wartet auf Unterhaltung.Das Puppenbrett bietet denbesten Anknüpfungspunkt. König undKönigin; Amor und Psyche; Goethe, Schiller, Lessing;drei „betende Knaben“ undzwei Windhunde, außerdem (alleandren überragend) eine Auroraund eine Flora bilden die Besat-zung des Bretts. Der Aurorasind ihre beiden Flügel der Flora das Bou-quet ge-nommen; beides, Bouquet und Flügel liegen, wie ab-gelegter Schmuck, zu Füßen der Figuren.
Was geht denn so ambesten? eröffne ich die Con-versation.
„Ja, das ist schwer zu sagen,mein Herr,“ erwiedert der Fi-gurenmann (der sich durch dashierlandes selten gebrauchte„mein Herr“ sofort alsein Mann von gewissen „Allüren“ einführt) „esrichtet sich nach der Gegend.“„Ich dachte König und Königin“.„Versteht sich,“ versteht sich“ unterbricht mich der Figurenmann, als sei er mißverstanden, „König-liches Haus und Goethe-Schillerimmer waren. Selstverständlich“.„Aber außerdem?“„Ja das war er eben. mein Herr. Hier herüber (dabei deutete er nachrechts hin, in die Sandgegenden des Neumarkhinein) verkauf’ ich    und den betenden Knaben. Ichkönnte von meinem Standpunktaus sagen – und dabei überflogein feines Lächeln sein Gesicht –wo der gute Boden aufhört, da fängt der „betende Knabe“ an.„Nun da gehen diesewohl in’s Bruch“ erwiederte ich lachend, indem ich aufFlora und Aurora zeigte.
„Aurora und Flora gehenin’s Bruch“ wiederholte ermit humoristischer Würde. „Amor und Psyche“, weniger Das macht die Psyche.
Er lächelte verständniß-voll..
Wir standen nun auf undtraten an die Schiffswan-dung. Er sah, daß ich einenBlick in die Landschaft thunwollte und wartete bis ich die Unterhaltung wieder auf-nehmen würde.
Das linke Oderufer ist hüglig und malerisch, chtes das rechte flach und reizlos. Der eigentliche Uferrandist aber auch hier steil abschüssig und dieWandung mit Weiden-gebüsch besetzt. Das Wasserist gelblich, flach, voll Inselnund Untiefen und die Passage, selbst bei genaue r Kenntniß desFahrwassers, sehr schwierig.Wenigstens um die Sommerzeit.Vorn am Bugspriet stehen zwei Schiffsknechte (ich weiß nichtob man bei Flußdampfernvon „Matrosen“ sprechen darf)mit langen Stangen undnehmen beständig Messungenvor, die um so unerläßlichersind als die Sandbänke ihre Stellewechseln und heute hier, morgenda zu finden sind.
Fluß, Ufer, Fahrt, alleshat den norddeutschen Charakter.
Inzwischen ist es heller ge-worden, die Nebel haben derSonne Platz gemacht und mit demSonnenschein zugleich dringen, von rechts her, Glockenklänge zu unsherüber.Dorf und Kirche aber sind nicht sichtbar. reinen Ich horche eine Weile; dann wend ich mich zu meinem Nachbar e und frage: wo klingt das her?
Das ist die 7-centnerigevon Groß-Rade; – mein besondrerLiebling.
Was tausend, kennen Sie die Glocken hierherum so genau?
Ach, mein Herr, ich kennesie alle. Viele davon sindmeine eignen Kinder und hat manselber erst Kinder so kümmert mansich auch um die Kinder andrerLeute.
Wie das? haben Sie denn dieGlocken gegossen? sind Sie Gürtler oder Glockengießer? Oder sind sie’s gewesen.
Ach, mein Herr, ich bin sehrvieles gewesen: Tischler,Korbmacher, dazwischen Soldat, dannFarmer, dann Glockengießer, nungieß ich Gips. Es hat mir allesnicht recht gefallen, aber dasGlockengießen ist schön.
Da wunderts mich doppelt, daßsie vom Erz auf den Gipsgekommen sind.
Mich wundert es nicht, aber es thut mir leid.Wenn der „Zink“ nicht wäre, so göss‘ ich nochGlocken bis diesen Tag.
Wie so.
Seit der Zink da ist, ist esmit dem reellen Glockenguß vorbei. In alten Zeiten hießes: „Kupfer und Zinn“ und waren’sdie rechten Leute, sogab’s auch wohl ein StückSilber mit hinein. Damit ist’s vorbei. Jetzt wirdabgezwackt; von Silber ist keineRede mehr; wer’s billig macht,der hat’s. der Zink regiert dieWelt und die Glocken dazu. Aber dafür klappern sie auch wie Bunzlauer Töpfe. Ich kam bald zu kurz; die Elle wurde länger als für Zinn ist, der kann nicht bestehn, der Kram; wer nach denn Zinn ist theuer und Zinkt istbillig.
Wie viel Glocken haben Siewohl gegossen?
Nicht viele, aber doch sieben oderacht; die Groß-Redener ist meine beste.Und alle für die Gegend hier?
Alle hier herum. Undwenn ich mir mal einenFeierabend machen will, dannnehm ich ein Boot und rudere stromabbis über Lebus hinaus. Wenndann die Sonne untergeht und rechts und links die Glockenden Abend einläuten und meineGlocken dazwischen, dannvergeß ich vielesnwas mir ein Leben schiefgegangen ist und vergeß auchden „Turban“ da..
Dabei zeigte er auf dierunde, kissenartige Mützedie die Gipsfigurenhändler zutragen pflegen und die jetzt in Ermangelung eines andern Platzes der Goethe-Schiller-Statue über die Köpfe gestülpt.
So plaudernd waren wir, eine Viertelstunde später bis Lebus gekommen. DerGipsfigurenmann verabschiedetesich hier und während das Bootanlegte, hatt’ ich Gelegen-heit die „alte Bischofsstadt“zu betrachten.
Freilich erinnert hier nichtsmehr an die Tage alten Glanzes und alten Ruhms.. Die alte Kathedrale, das noch ältre Schloß, siesind hin und einesLächelns kann man sich nichtverwehren, wenn man inalten Chroniken liest, daß umden Besitz von Lebus heißeSchlachten geschlagen wurden, daßhier die slavische und diegermanische Welt, Polenkönigeund thüringische Herzöge hier in heißen Kämpfen zusammenstießen und daß derSchlachtruf mehr als einmallautete: „Lebus oder der Tod“.Unter allen aber, denen dieserSchlachtruf jetzt ein Lächeln ab-nöthigen wird, stehen die Lebuser selbst obenan. Der Stadtsiegel ist ein „Wolfmit einem Lamm im Rachen“;die neue Zeit ist der Wolfund Lebus selbst ist das Lamm.Mitleidslos wird es verschlungen.
Lebus, die Cathedralen-stadt, ist hin, aber Lebus,das vor dreihundert Jahreneinen fleißigen Weinbautrieb, das Lebus existirt noch.Wenigstens landschaftlich. Nicht daß es noch Wein an werdeseine Berglehnen, x---x, nur eben der malerischeCharakter eines Winzerstädt-chens (wie sie in andren TheilenDeutschlands so oft sich finden )ist ihm erhalten geblieben.
Die Stadt, so klein sie ist,zerfällt in eine Ober- und Unter-stadt. Jene streckt sich (wenigstensvom Fluß aus gesehn) in ihrem x---x- lichen Theile am Firste des Bergeshin,, diese zieht sicham Ufer entlang und folgt denWindungen von Fluß und Hü-gel. Zwischen beiden, am Abhang, und wie Beide Theile liegen gleich es heißt an selber Stelle wo einst die alte Kathe-drale malerisch und fügen sich zu stand, erhebt sich jetzt die LebuserKirche einem reizenden Gesammtbilde zu-, ein Bau aus neurer Zeit. sammen. Die „Unterstadt“ hatHöfe und Treppen die andas Wasser führen; die „Ober-stadt“ hat Zickzackwege undSchluchten-straßen die denAbhang bis in die Unterstadt hinunter steigen. Auf diesen Zickzackwegen bewegtsich ein Theil des städtischenLebens und Verkehrs. Gänseund Ziege weiden dort unterGras und Gestrüpp; einzelneFrauengestalten, zum Theil in einer diemalerischeTracht des Oderbruchs gekleidet,schritten bergab, den Zickzackweghinauf aber steigt ebenunser Freund der Gipsfiguren-mann und alle seinePuppen ( nicht blos die„Aurora“ die wieder ihrFlügel angelegt hat) schimmernim Morgenstrahl.
Nun aber Commandowart vom Radkasten aus undunser Dampfer schaufelt weiter.
Lebus liegt hinter uns undwir treten nunjetzt, auf etwaeine Meile hin, in jenes Terrainein, wo Stadt und Dorf zubeiden Seiten des Flusses, anKunersdorf mahnen und an diedie Tage die jenem 12. August vorausgingen und ihm folgten. Es sind dieNamen vorzugsweise denen wir hier,voll historischen Klangs, am Uferhin begeg-nen; Reitwein, Goeritzund Oetscher, alle die mit der Geschichtejener Tage verwoben.

In Reitwein erschien am10. August die Avantgardedes Königs, um eine Schiffbrückevom linken aufs rechtre Oderuferzu schlagen; Man wählte dazu die Schmälung des Flusses Am 10. Abends zwischen Reitwein und Goeritz. erschien der König selbst undführte sein Bataillon (60 an der Zahl) hinüber; dieCavallerie ging durch eine Furth╒.In Goeritz aber blieb General Flemmig mit 7 Bataillons. zur Deckung der Schiffbrücke zurück Zwei Tage später (am Abend des 12.) befandensich die Trümmerder geschlagenen Armee anderselben Furth, an derselben Schiff-brücke. Aber das Spiel war vertauscht; statt von links nach rechtsging es jetztvon rechts nach links. DieBrücke, die am Abend des 10ten von Reitwein nach Goeritzvorwärts geführt hatte, führte jetzt,am Abend des 12., von Goeritz nachReitwein zurück.

wo die alte Stadt Goeritz, malerischam Hügelabhang,, dem DorfeReitwein gegenüberliegt.

Man hatte mit Vorbedacht dieseStelle gewählt, wegen der Schmälung des Flusses zwischen Reit-wein und Goeritz. Am 10. Abendserschien der König selbst

Der König war an der Stellewo die Reste seiner Reiterei abermalsdie Furth verbrachte dieNacht eine Viertelmeile südlich vonder Schiffbrücke , im Dorfe Oetscher; erschlief auf Stroh in einer verödetenBauerhütte. | Andren Tagsnahm er Quartier in Reitwein.Hier war es alsdann (damalsnoch den Burgsdorffs gehörig)wo er die berühmte Instruktionaufsetzte (ebenfalls für Finkenstein), in der er den Prinzen Heinrich alsGeneralissimus der Armee bezeichneteund den Willen aussprach, daß die Armee- seinem Neffen schwören sollte.
An diesen lätzen führt unsjetzt unsre Fahrt vorüber. Oet-scher (wiewohl nach gelegen) verbirgtsich hinter Hügeln, desto malerischerklarer treten Reitwein und Goeritz hervor.Schoener freilich muß der Anblick dieses Bildes gewesen sein, als die alteAuf dem Rücken Rittmeisters v. Prittwitz, der ihngerettet, schrieb er hier mit Bleistift die Wortean den Minister Finkenstein (in Berlin): Alles istverloren, retten Sie die Königliche Familie; Adieu für immer.“ Goeritzer Kirche (ein berühmterWallfahrtsort) noch auf der Höhedes Hügels lag und sich mitder Kirche von Reitwein drüben, begrüßte. AberGoeritz und seine Kirche sind, in jedem Sinne vonihrer Höhe herabgestiegen. MeineWallfahrer kommen mehr undals sei es nicht länger nöthig, dasberühmte Wallfahrtshaus, die Kirche, schonweithin zu zeigen, hat man die neue Kirche(nachdem die alte, kurz vor der Zorndorfer Schlacht, von den Russenzerstört worden war) in der Tiefewieder aufgebaut.
Die Goeritzer Kirche hat unszu guter Zeit an die Russen unddie Zorndorfer Schlacht gemahnt, denn wir verlassen so ebendas Terrain der KunersdorferSchlacht nur, um in ähnlichergleicher Weise, in den Schlachtengrund an Zorn-dorf einzu treten.
Was wir zunächst erblickenist Küstrin selbst (thurmlos,grau in dünne Nebel gehüllt)die alte neumärkische Hauptstadt,um deren Rettung es sich handelteals am 21 August 1758 derKönig von Schlesien her am linkenOderufer erschien. Alle Namenhier, zubeiden Seiten des des Flusses, erinnern an jeneTage bittrer Bedrängniß, schwererkauften Sieges.
Zuerst Gorgast am linken Oderufer. In Gorgast war es wo derKönig seine chiffonirt aussehendenTruppen mit den glatt und wohlgenährtaussehenden Truppen Dohms verei-nigte und wo die berühmtenWorte fielen: meine sehenaus wie Gralteufel, aber siebeißen.
Weiter Flußabwärts die Fähre von Güste-. Ein wenig poëtischer Nameaber voll guten Klangs. Hierführte der König seine Batailloneüber, als er von Küstrin aus(wo der Feind en fronte denUebergang erwartete) jenen berühmtenBogenmarsch machte, derihn, an derselben Stelle woder Gegner immer noch einenFrontal-Angriff erwartete, plötzlich in den Rücken desselbenführte.
Rechts hin, fast am Uferdes Flusses entlang, dehnt sichdie Drewitzer Heide, –ein grüner Schein, der das eigent-liche Schlachtfeld dem Augedes Vorübergehenden entzieht.Dahinter liegen die Dörfer und Stätten, derenNamen mit der Geschichte jenesblutigen Tages verwoben sind: Quartschen, die Neu-DammscheMühle, der Zaber- und Galgen-Grund, endlich Zorndorf selbst.
Wir haben Küstrin passirt –ein scheuer Blick nur traf jene enge halb verbaute Stelleauf Bastion Brandenburg wo an 6 November 1730 Katts Haupt in den Sand rollte – auch dasSchlachtfeld liegt bereits hinter uns, das28 Jahre später diese Ufer undDörfer zu historischem Ansehn erhobund wir fahren nun, als hättensichs diese Ufer vorgesetzt durchContraste zu wirken, in jene friedlich-fruchtbaren Gegenden ein, die vorhundert oder doch 150 Jahrennoch ein ödes, werthloses Sumpfland,seitdem so oftmals (und mit Recht)die Kornkammern unsres Landes genanntworden sind. Das Oderbruch dehntsich auf Meilen hin zu unsrerLinken aus.
Der Anblick, den es, imVorüberfahren, vom Fluß ausgewährt ist weder schön undmalerisch, noch verräth er einebesondre Fruchtbarkeit, gegentheils dasVorland, das sich dem Augebietet macht kaum den Eindruckeines gehegten Stück Wiesenlandsund die Raps und Gerstenfelder,die sich golden dahinter ausdehnen,werden dem Auge durch endlos sich hinziehende, prosaisch aussehende Dämme und Deiche entzogen,die aber freilich, indem sie die Mündung gegendie frühren Ueberschwemmungen sicherstellten, erst den Reichthumschufen, der sich jetzt hinterdiesen Deich- Linien verbirgt. Der Reichtum dieserGegenden spricht nicht in goldnenFeldern zu uns, aber wirerkennen ihn doch an seinenersten und natürlichsten Folgen – anden Dörfern die er geschaffen. Da giebt es kein Strohdach mehr,der rothe Ziegel lacht überall ausdem Grün der Wiesen hervorund statt der dürftig-holznem Kiesthürme desvorigen Jahrhunderts, die kümmerlich wie ein Schilderhausauf dem Kirchendach zu sitzenpflegten, wachsen jetzt in solidemBacksteinbau, – die CampanellenItaliens heiter kopirend, –die Kirchthürme in die Luft.An diesem Reichthum nehmendie Dörfer des andern (des rechten Oder-ufers theil und ansteigend ander Hügelkette gelegen, die sich,eine Meile unterhalb Cystrin, amrechten Oderufer hinzuziehen beginnt,gefallen sie Schönheit und malerische Lage (vielmehr als man indiesen Gegenden erwartet)zu dem Eindruck des Reichthumsund beinah holländischer Sauberkeit.
Nun sind wir über AmtKienitz (ein altes Dorf, waszwei Jahrhunderten dem altenGoertzke, dem „Paladin“ des großen Kurfürsten gehörig.) und nunüber Kloster Zellin hinaus, der Fluß wird schnelleraber tiefer und das Land-schaftsbild verändert sich. Der Barnim links, die neumärkischenUfer rechts, liegen hinter unsund wir fahren in die Uker-mark hinein. Es sind schonähnliche Uferlandschaften, wiesie die Umgegend Stettinsdem Auge bie-tet. Andre Namen, innichts mehr an die triviale Komikvon „Gustebiese“oder „Lietzegörike“ erinnernd,tauchen auf; – Namen vollpoetischem Klang und Schimmer: Hohen-Saathen, Raduhnund Hohen-Krähnig.
Der Fluß bis dahin in einemBette fließend, fängt an ein Netzvon Kanälen durch die Landschaftzu ziehn herhin dorthin windetsich der Dampfer, aber eh esuns noch gelungen ist, uns in dem malerischen Wirrsaal zu-rechtzufinden, tauchen plötzlich weiße Giebelwände,hier und dort von Thürmen undhohen Linden überragt aus demLandschaftsbilde hervor. Nocheine Biegung und das übliche Hoiund Hoh, wie es immer laut wird wenn das Schiff sich einer Landungs-stelle nähert, beginnt aufsNeu. Eine alte Holzbrücke mithunderten von Menschen besetzt,sperrt uns den Weg; ein Tanzseil fliegt, | dem Brückengelände zu;der Dampfer legt an. EinDrängen, ein Grüßen, dazwischendas Läuten der Glocke. Vomlinken Ufer her aber reichtein weitläuftiger Bau, in Bäumen undLaubgängen halb versteckt seinSpiegelbild in den Fluß. Dasist das alte Markgrafen-schloß. Wir sind inSchwedt.

Umgebungsplan; TeupitzTeupitzSchwerinSchwerinTeupitz und Schwerin. SchwerinTeupitz
Ein Zirkel von Bergen von Seenvon Feldernder Jeesenberg inder Mitte.
Der Wind weht scharf, abereine Hecke von wildemPflaumbaum giebt uns Schutzwährend Einschnitte wie Schießscharten, uns einen Blickin die Landschaft gönnen.. Es träumtsich prächtig an dieser Stelleund der Platz ist prächtiggewählt. Wir spielen wieVersteckens mit dem Wind weht | Wir spielen wieVersteckens mit dem Wind.Macht er’s uns zu wenigso ziehen wir uns inunsre Heckenwand zurück,dann aber wieder beugenwir uns in ihn hineinund er kommt wie einStrom auf uns zu, und esist als möge unterseiner Wucht die ganzeLandschaft sich uns mehr entgegenund lege sich uns mehr ansHerz. Die rothen Schürzenund weißen Kopftücher derMägde, die beim Heuen be-schäftigt sind flattern im Winde, am Segelboot gleitet über denSee ein Fischreiher über demBoot, Schulkinder mit rothenKopftüchern kommen den Feldwegentlang und die Teupitzer Kirchebeginnt zu läuten. Ueberden See gleitet ein Boot, überdem Boot ein Fischreiher undhinter beiden ragtdas Kornfeld der Werderinselauf und scheint wie einKornfeld auf dem Seezu schwimmen

Die Mittagsglocke ruft zurück.Frugal. Wir haben einen Karpfenim Wappen, aber selten aufdem Tisch.Nach einer Fahrt auf dem See. Was war es? Mahnungen,Erinnerungen an altes romantisches Land. Dannkam Regen und zog seine Wand vor dieBilder und dieX---xund allesversankin Grau. damit begnügen in die eine Hälfte Seiteder Landschaft, in den nördlich gelegenen Halbkreis hineinzu-blicken.
Ziemlich an höchster Stelledes Berges, aber doch schonan seiner Schrägung ist eine dichte Hecke vonwildem Pflaumbaum, diesich als eine Grenzscheide vonder Höhe des Berges bis indie Tiefe zieht. An einerStelle hat die Hecke einThor, in dies Thor setzenwir uns und haben mit leichter Kopfbeugung nach vorn einen freien Blick in die Landschafthinein, während der heftig wehendeWind ohne Motivirung an uns vorüberfährt. Ein Kornfeld steigt bis zum Abhangdes Hügels nieder, am Abhangläuft ein Feldweg, hinterdem Feldweg die Gärten undWiesen der Stadt, hinterden Wiesen die Stadt selber,hinter der Stadt der Seeund am jenseitigen Uferansteigend die Höhenzüge desandren Ufers. Landzungen streckensich an den See und Inselnschwimmen auf ihm, die eineist klein und steht im Rohrdie andre ist ein gelbesKornfeld, das auf dem Wasserschwimmt.
Es träumt sich prächtig in dieserwindgeborgenen Hecke. Der Windder stark vom See zu uns her

Der Jeesenberg

Erst der Rundblick, dasPanorama, es ist dasganze alte Land derSchnecken, das man hier über-blickt. Ein weitgespannter Kreisvon Hügeln, theils kahl, theilsWald, theils Fruchtfelder, Seen legen sich an denFuß dieses Hügelkreises an,dann Felder nach der Mitte desKreises zu, endlich im Centrumder Berg auf dem wirstehn.
Dies Panorama istschön, schöner aber wird dasBild, wenn wir auf denRundblick verzichten und uns
Umgebungsplan; Mittenwalde, die Stadt, der alte und historische OrtMittenwaldedieStadtderalteundhistorischeOrtMittenwalde. Notte-CanalHausgrabenBergAlteStadtSumpf-gegendPennigsbergSandberg
Mittenwalder Chronik
1714 Darin heißtes im Gegensatzzu Fidicinmitttelstder Penningsberg-Burg, „diealte Stadt“(vielleicht wen-disch) zerstörtworden sei.
nobil. v. Otto Schenkv.
Landsberg
Landsb.
1566 restaurirtgebautEnde des13ten
Nicht ermittelt.
Fontanes eigene Auflösung "Feldjäger" ist falsch; er korrigiert dies in den Wanderungen zu "Freiwilliger Jäger".
gegentheils.